Gewinnung von Chitin aus Insekten
Die kommerzielle Gewinnung von Chitin erfolgt überwiegend aus den Schalen von Krebstieren wie Schneekrabben. Alternative, jedoch bisher schlecht nutzbare, Quellen für Chitin sind Pilze und Insekten. Durch den Ausbau der Insektenzucht für die Tierfutterproduktion in den letzten Jahren hat die Verfügbarkeit von Insektenbiomasse zugenommen. Im Folgenden stellen wir ein Review vor, welches einen Überblick über kürzlich veröffentlichte Studien zur Extraktion von Chitin aus Insekten und der Umwandlung zu Chitosan bietet.
Aktueller Status der Chitin Aufreinigung und Chitosan Produktion aus Insekten
Current state of chitin purification and chitosan production from insects. Thomas Hahn, Elena Tafi, Aman Paul, Rosanna Salvia, Patrizia Falabella, Susanne Zibek. Journal of Chemical Technology and Biotechnology, 10 July 2020, https://doi.org/10.1002/jctb.6533
Die marine Lebensmittelindustrie ist derzeit die Hauptquelle für Chitin und Chitosan. Im Jahr 2016 wurden weltweit circa 8 Millionen Tonnen Krustentiere für den menschlichen Verzehr produziert. Neben Krustentieren sind Pilze die zweitwichtigste Quelle für Chitin. Diese vegane Quelle enthält in der Zellwandmasse zwischen 1-15% Chitin und manche Pilze enthalten zusätzlich auch Chitosan. Die Gewinnung von Chitin aus Insekten steht noch ganz am Anfang. Die weltweite Zucht und Verarbeitung von Insekten für die weltweite Ernährung von Nutztieren und Menschen hat aber in den letzten Jahren stark zugenommen. Gewonnen wird das Insektenproteinmehl aus der Schwarzen Soldatenfliege (Hermetia illucens), dem Gelben Mehlwurm (Tenebrio molitor) und in kleineren Mengen aus dem Kleinen Mehlwurm (Alphitobius diaperinus). Das Exoskelett von Hermetia illucens Larven, welches während der Metamorphose abgestoßen wird, enthält bis zu 35% Chitin. Das Chitin ist in der Cuticula, der äußersten Schicht des Exoskeletts enthalten und in eine Proteinmatrix eingebettet. Zur Extraktion des Chitins müssen die Proteine, Lipide, Mineralien, Pigmente und Catechine entfernt werden. Die Autoren werteten insgesamt 52 Arbeiten zur Chitinreinigung und Chitosanproduktion aus 58 Insektenarten aus.
Chitin Extraktion
Vor der Extraktion des Chitins werden die Insektenproben oft gereinigt, getrocknet und zermahlen (Partikelgröße 200-500 µm). Bei lipidreichen Insektenproben, wie ganzen Larven, ist oftmals ein Fettentfernungsschritt, durch Kochen und Trennen der Fraktionen mit einem Extruder oder einer Ölpresse, notwendig.
Die Methoden zur chemischen Extraktion des Chitins aus dem Exoskelett von Insekten sind ähnlich zur Extraktion aus marinen Quellen:
1. Demineralisierung mit verdünnten Säuren wie Salzsäure oder Essigsäure
2. Entfernung von Proteinen durch alkalische Behandlung mit verdünnter Natronlauge (zusätzlich kann dadurch ein Teil der Farbstoffe und löslichen Lipide aus dem Exoskelett extrahiert werden)
Zum zusätzlichen Bleichen können Reagenzien wie Natriumhypochlorit, Aceton und Wasserstoffperoxid verwendet werden.
Bei den betrachteten Veröffentlichungen fehlten Daten zum Demineralisierungs- und Deproteinierungsgrad des Chitins, lediglich die Chitin Ausbeute wurde bei den meisten Artikeln genannt. Meist lag die Chitin Ausbeute bei 5-15%, mit einer maximalen Ausbeute von 36% für Apis mellifera und Zikaden.
Umwandlung von Chitin zu Chitosan
Chitosan ist im Gegensatz zu Chitin in schwachen Säuren löslich und bietet dadurch bessere Anwendungsmöglichkeiten. Die chemische Umwandlung erfolgt durch Deacetylierung mit konzentrierter Natronlauge. Die Chitosan Ausbeute der einbezogenen Studien bewegte sich zwischen 2-8% (bezogen auf die ursprünglich eingesetzte Biomasse) bzw. 60-83% (bezogen auf das Trockengewicht des Chitins). Die erzielten Deacetylierungsgrade variierten zwischen 62 bis 98% und Molekulargewichte im Bereich von 26 bis 300 kDa.
Charakterisierung
Die Charakterisierung der hergestellten Chitine und Chitosane erfolgte mit Infrarot Spektroskopie, Röntendiffraktometrie, thermogravimetrische Analyse, Elementanalyse, Viskosimetrie und Rasterelektronenmikroskopie.
Schlussfolgerung: Die steigende Zahl an Veröffentlichungen rund um die Gewinnung und Aufreinigung von Chitin aus Insekten zeigt das Interesse an der Erschließung der alternativen Quelle. Das Chitin ist bei Insekten in eine komplexe Matrix eingebettet, was bei der Aufreinigung einen höheren Aufwand und zusätzliche Schritte zum Bleichen notwendig macht. Die Herstellung von Chitin ist bisher überwiegend im Labormaßstab durchgeführt worden und die Literatur beschränkt sich oftmals nur auf die Beschreibung der Prozesse zur Chitingewinnung und Deacetylierung zu Chitosan. Oftmals fehlen quantitative Daten, wie zum Reinheitsgrad des Chitins und der Ausbeute an Chitosan bei Umwandlung. Weitere Entwicklungen sind notwendig, um qualitativ hochwertige Chitin und Chitosane aus Insekten zu gewinnen und so die Nebenprodukte der Insektenzucht zu nutzen.
Quelle: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1002/jctb.6533
Mehr Infos zu alternativen Chitosanquellen: Unser Artikel zum Vergleich von Chitin/Chitosan aus Krebstieren vs. Pilzen.